Die Zukunft der Elektromobilität - Die Prognosen der IEA
Die IEA (International Energy Agency) mit Sitz in Paris wurde als Reaktion auf die Ölkrise gegründet. Ursprünglich als Instanz zur Überwindung von Ölengpässen gedacht, dient die IEA mittlerweile als unabhängige Quelle für Statistiken und Daten über die gesamte Bandbreite des Energiesektors, so auch über die Zukunft der Elektromobilität in ihrem jährlichen Global EV Outlook.
Der Markt für E-Fahrzeuge
Das Jahr 2023
Das Jahr 2023 war wie schon 2022 ein Rekordjahr für den Verkauf von batteriebetriebenen Fahrzeugen. Weltweit wurden 14 Millionen Fahrzeuge mit Stecker (Plug-in-Hybrid und vollelektrische E-Autos) abgesetzt. Das entspricht in etwa 18 Prozent der Gesamtverkäufe.
Die hohe Inflation, auslaufende Kaufprämien, wie das Ende von Umweltbonus und fehlende Impulse aus Politik haben Sorgen um den Erfolg der E-Mobilität gedeihen lassen und auch zum Teil zu einer sehr negativen Berichterstattung über den Absatz von E-Fahrzeugen geführt.
Nichtsdestotrotz sieht die IEA weiterhin starke Verkaufszahlen auf globaler Ebene und eine rosige Zukunft für die Elektromobilität. In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 stiegen die Verkäufe von E-Fahrzeugen um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Kennzahlen für das Jahr 2023
- Weltweit wurden 14 Millionen E-Fahrzeuge abgesetzt und damit 35 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
- Pro Woche sind das 250.000 E-Fahrzeuge und somit mehr als der Gesamtjahresabsatz vor zehn Jahren.
- 18 Prozent aller verkauften Fahrzeuge waren 2023 elektrisch. Im Jahr zuvor waren es 14 Prozent.
- In Europa, dem zweitgrößten Markt für E-Fahrzeuge, wurden 2023 knapp 3,2 Millionen Fahrzeuge abgesetzt und 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
- Jedes fünfte Neufahrzeug in Europa kam mit Stecker auf die Straße.
- Über 40 Millionen E-Fahrzeuge sind 2023 weltweit unterwegs – 35 Prozent mehr als im Jahr 2022 und sechsmal so viel wie im Jahr 2018.
- China ist nach wie vor der größte Markt für E-Fahrzeuge. Mehr als die Hälfte des Bestands ist hier in Betrieb. Gefolgt wird China von Europa und den Vereinigten Staaten.
Sorgenkind Deutschland
Deutschland ist der größte Markt für E-Fahrzeuge in Europa. Während jeder dritte Neuwagen in 2022 noch einen Stecker hatte, war es in 2023 nur jeder vierte.
Deutschland ist damit das einzige Land in Europa, das einen Rückgang beim Verkaufsanteil von E-Fahrzeugen zu verzeichnen hat.
In absoluten Zahlen ausgedrückt ist der Absatz von E-Fahrzeugen im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 5 Prozent zurückgegangen.
Zurückzuführen ist diese negative Trendwende auf das Ende der Kaufprämie für Plug-in-Hybride Anfang 2023 und das Auslaufen der Förderungen für den Kauf von E-Autos im Dezember 2023.
In Schweden macht der Anteil von E-Fahrzeugen bei den Verkaufszahlen bereits 60 Prozent aus, in Norwegen sogar 95 Prozent.
Prognosen für 2024
- 2024 sollen laut IEA 17 Millionen E-Fahrzeuge weltweit verkauft werden – das entspricht einer Steigerung von 20 Prozent gegenüber 2023.
- Das erste Quartal 2024 startet bereits stark, mit 25 Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In Europa sind es 5 Prozent.
- Das stärkste relative Wachstum ist insbesondere außerhalb der größten Märkte China, Europa und USA festzustellen. Das spricht dafür, dass die Elektromobilität auch im Rest der Welt an Fahrt aufnimmt.
- Inflation, hohe Zinsen, die Einführung von Importzöllen auf E-Autos und trübe Wirtschaftsaussichten könnten das prognostizierte Wachstum im Jahr 2024 dämpfen.
Entwicklungen bei der Ladeinfrastruktur
Starkes Wachstum bei der Schnellladeinfrastruktur
Im Jahr 2023 ist das weltweite öffentliche Ladenetz um 40 Prozent gewachsen. Insgesamt sind damit 4 Millionen Ladepunkte am Netz. Dabei fiel das Wachstum bei der Schnellladeinfrastruktur mit 55 Prozent deutlich höher aus als bei normalen Ladestationen.
Ende 2023 machten Schnellladestationen über 35 Prozent des weltweiten öffentlichen Ladebestands aus.
In Europa sind im Jahr 2023 rund 730.000 öffentliche Ladepunkte in Betrieb, über 80 Prozent davon entfallen auf die EU. Deutschland hat 2023 die Schwelle von 100.000 öffentlichen Ladepunkten überschritten.
Das Laden zu Hause und am Arbeitsplatz ist weiterhin von zentraler Bedeutung
Während das Laden zu Hause und am Arbeitsplatz den Großteil des Ladebedarfs abdeckt, spielt die öffentliche Ladeinfrastruktur für den Erfolg der E-Mobilität weiterhin eine Schlüsselrolle.
Dies gilt insbesondere für dicht-besiedelte, urbane Gebiete, wo die Installation von privaten Ladestationen limitiert ist.
AFIR-Verordnung in der EU
In der Europäischen Union schreibt die AFIR-Verordnung mittlerweile Schnellladestationen alle 60 km entlang von Hauptverkehrsachsen vor. So soll sichergestellt werden, dass pro E-Auto 1,3 kW öffentliche Ladeleistung zur Verfügung stehen.
Ladestationen und Energienetze verschmelzen zunehmend
Wie die IEA schreibt, soll die Installation von Ladestationen mit der Entwicklung des Stromnetzes koordiniert werden, um sicherzustellen, dass neue Anschlüsse mit dem langfristigen Netzplan übereinstimmen.
Sollte das nicht geschehen, kann das Laden zu einem Anstieg der Spitzenlast führen, was bedeuten kann, dass die Erweiterung von Übertragungs- und Verteilungsnetze notwendig wird.
Mit dem Wachstum der Elektromobilität werden Strategien zur Steuerung der Ladezeiten, wie zeitabhängige Tarife und Smart Charging, immer wichtiger.
Prognosen für die Ladeinfrastruktur
Das Laden zu Hause und am Arbeitsplatz wird einen Großteil der zukünftigen Gesamtnachfrage decken. Dennoch prognostiziert die IEA ein starkes Wachstum bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur.
Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Zunahme an Elektrifizierungen im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge. Laut IEA findet bei diesem Fahrzeugsegment das Laden vermehrt unterwegs und nicht mehr ausschließlich im Depot statt.
Die Zahl der öffentlichen Ladepunkte könnte sich bis 2035 versechsfachen und 25 Millionen erreichen, um den Markthochlauf der Elektromobilität zu unterstützen.
In Europa soll die Anzahl öffentlicher Ladepunkte von aktuell 730.000 bis 2035 auf rund 2,7 Millionen ansteigen.
Größtes Hindernis für die Elektromobilität ist weiterhin der Preis
Die Preise für E-Fahrzeuge fallen kontinuierlich, sind aber weiterhin über denen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Die IEA schätzt, dass mehr als 60 Prozent der im Jahr 2023 in China verkauften E-Fahrzeuge bereits günstiger waren als ihre durchschnittlichen Pendants mit Verbrennungsmotor.
Ein anderes Bild zeichnet die IEA für Europa und die Vereinigten Staaten. Hier sind E-Fahrzeuge im Schnitt 10 bis 50 Prozent teurer als Benziner oder Diesel.
Das liegt hauptsächlich daran, dass zwei Drittel der im Jahr 2023 verfügbaren elektrischen Fahrzeugmodelle große Autos, Pick-up-Trucks oder Geländewagen (SUV) sind und diese in den durchschnittlichen Preis in die Höhe treiben.
Die IEA geht davon aus, dass die Preisparität im Jahr 2030 für die meisten Modelle erreicht sein wird.
Die IEA rechnet vor: In Deutschland liegt der Kaufpreis für ein E-Fahrzeug im Schnitt 10 bis 20 Prozent über dem eines vergleichbaren Verbrenners. Nach fünf Jahren haben sich die Gesamtbetriebskosten (TCO) durch Einsparungen beim Tanken und bei der Wartung aber bereits amortisiert. |
Entwicklungen bei den einzelnen Fahrzeugsegmenten
1.000 verfügbare elektrische Modelle bis 2028
Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der verfügbaren elektrischen Fahrzeugmodelle um 15 Prozent auf insgesamt 590 Modelle.
Laut Ankündigung der Hersteller wird es 2028 erstmals über 1.000 verschiedene Modelle geben.
Die Marktdominanz der SUV
Eine große Problematik für die globalen Automobilmärkte - sowohl für Elektroautos als auch für Verbrennungsmotoren - ist weiterhin die überwiegende Präsenz von SUV und großen Fahrzeugen bei den verfügbaren Modellen.
Diese Fahrzeugklasse macht laut IEA rund zwei Drittel aller verfügbaren elektrischen Modelle aus.
Mit SUV lassen sich höhere Gewinnmargen erzielen, die wiederum höhere Entwicklungs- und Marketingkosten abdecken sollen.
Elektrifizierung bei Bussen
Der Absatz von elektrischen Bussen ist dem von elektrischen Fahrzeugen des Schwerlastverkehrs meilenweit voraus.
2023 wurden weltweit 50.000 E-Busse verkauft. In Belgien, Norwegen und der Schweiz machen sie bereits 50 Prozent aller Neuzulassungen aus. In der EU liegt der Anteil bei Stadtbussen im Jahr 2023 bei 43 Prozent. Bis 2035 sollen alle neuen Stadtbusse emissionsfrei unterwegs sein.
Weltweit werden 2035 rund ein Drittel aller neuen Busse elektrisch sein. Aktuell liegt der Anteil von neuen elektrischen Bussen bei lediglich 3 Prozent, was auf die schleppenden Entwicklungen in Schwellen- und Entwicklungsländern zurückzuführen ist.
Schwere Nutzfahrzeuge
Das Fahrzeugsegment der schweren Nutzfahrzeuge ist weiterhin am langsamsten bei der Elektrifizierung, aber staatliche Anreize könnten auch hier den Fortschritt beschleunigen.
Der Absatz von Elektro-Lkw stieg 2023 weltweit um 35 Prozent gegenüber 2022. In Europa hat sich der Absatz mit 10.000 Stück fast verdreifacht und erreicht einen Anteil von über 1,5 Prozent der Gesamtverkäufe.
In den nächsten Jahren wird sich dieser Trend fortsetzen. Dafür spricht beispielsweise die Initiative der EU, die CO₂-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen bis 2030 um 45 Prozent und ab 2040 um 90 Prozent gegenüber 2019 zu senken.
Außerdem gibt die Erhöhung der Lkw-Maut in Deutschland weitere Anreize, auch im Schwerlastverkehr auf einen elektrischen Antrieb umzusatteln.
Im weltweiten Vergleich bieten europäische Fahrzeughersteller die größte Modellauswahl bei schweren Nutzfahrzeugen mit Batterieantrieb.
Elektrische Gebrauchtwagen
Mit zunehmenden Verkaufszahlen bei E-Fahrzeugen werden gebrauchte Fahrzeuge zunehmend verfügbar und preiswerter.
Im Jahr 2023 betrug die Marktgröße für gebrauchte Elektrofahrzeuge etwa 800.000 in China, 400.000 in den Vereinigten Staaten und über 450.000 in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich.
Die Preise für gebrauchte Elektroautos fallen schnell und werden wettbewerbsfähig mit denen von traditionellen Verbrennern.
Der Gebrauchtwagenmarkt für E-Fahrzeuge ist entscheidend, um die Akzeptanz der Elektromobilität in der breiten Masse zu fördern.
Genau wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor – bei denen der Gebrauchtkauf in sowohl Schwellen- als auch Industrieländern oft die primäre Methode des Autokaufs ist – wird sich ein ähnliches Muster bei Elektrofahrzeugen abzeichnen.
In der EU kaufen acht von zehn Menschen ihr Auto gebraucht. Da der Markt für E-Fahrzeuge längst nicht mehr in den Kinderschuhen steckt, steigt auch die Verfügbarkeit von Gebrauchtwagen.
Weitere Entwicklungen bei der Elektromobilität
Umwelt und Lieferketten
Mit dem Trend hin zu größeren Fahrzeugen und SUV sind die Auswirkungen auf Emissionen und die Umwelt nicht zu vernachlässigen.
Laut IEA hätten im Jahr 2023 weltweit rund 770 Millionen Tonnen CO₂ vermieden werden können, wenn alle neuen SUVs mit Verbrennungsmotor und Hybridantrieb komplett batteriebetrieben gewesen wären. Dies entspricht den gesamten Straßenemissionen Chinas im Jahr 2023.
Außerdem benötigen große Fahrzeuge größere Batterien und verbrauchen mehr Ressourcen und seltene Erden. Das wirkt sich ebenfalls auf Lieferketten aus.
Wären alle im Jahr 2023 verkauften Elektro-SUVs stattdessen Mittelklassewagen gewesen, hätten weltweit etwa 60 GWh Batterieäquivalent eingespart werden können – ohne Auswirkungen auf die Reichweite.
Beim Trend hin zu größeren Fahrzeugen wird es auch in den nächsten Jahren keine Abkehr geben. Nur etwa ein Viertel der bis 2028 angekündigten neuen Fahrzeugmodelle sind Klein- oder Mittelklassewagen.
Reichweite
Die Reichweite von E-Fahrzeugen wächst stetig, laut IEA aber nur in Maßen. Die durchschnittliche Reichweite bei Kleinwagen liegt weiterhin bei 150 km. Das ist nicht viel mehr als im Jahr 2015.
Das ist ein Indiz dafür, dass diese Reichweite für die Stadt ausreichend ist.
Die größte Entwicklung bei der Reichweite stellt die IEA bei Mittelklassewagen und SUV fest. Diese liegt im Jahr 2023 bei 380 km.
Stromnachfrage
Bis 2035 könnten E-Fahrzeuge laut IEA 6 bis 8 Prozent des gesamten Strombedarfs beanspruchen; gegenwärtig sind es gerade mal 0,5 Prozent.
In Europa ist dieser Anteil deutlich höher und erreicht 2035 je nach Szenario zwischen 13 und 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs.
Im Jahr 2023 entsprach der Strombedarf der elektrischen Fahrzeugflotte weltweit 130 TWh, das ist in etwa so viel wie der Stromverbrauch Norwegens im selben Jahr.
Im Jahr 2035 werden E-Fahrzeuge insgesamt 12 Millionen Barrel Öl pro Tag ersetzen.
Die 3 Szenarien der IEA
Stated Policies Scenario (STEPS)
Das Stated Policies Scenario (STEPS) spiegelt bestehende Programme und Maßnahmen sowie politische Ambitionen und Ziele wider, die von Regierungen auf der ganzen Welt im Zusammenhang mit der E-Mobilität und E-Autos bereits festgelegt wurden.
Dieses Szenario soll den politischen Entscheidungsträgern einen Spiegel vorhalten und zeigen, welche Auswirkungen aktuelle Maßnahmen für die Zukunft haben. Von den drei Szenarien der IEA ist dieses somit auch das mit den wenigsten Ambitionen.
Folgt man diesem Szenario, werden 2030 rund 45 Millionen E-Autos neu zugelassen. Ihr Anteil macht damit 40 Prozent in 2030 und über 50 Prozent in 2035 aus.
Announced Pledges Scenario (APS)
Das Announced Pledges Scenario (APS) bezieht sich auf bestehende klimapolitische Zugeständnisse und Entscheidungen und geht davon aus, dass alle Ziele und Ambitionen erreicht werden.
Und das, obwohl viele Ankündigungen in zahlreichen Ländern noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurden, wie beispielsweise das Versprechen der COP 26 Deklaration, den Übergang hin zu emissionsfreien Fahrzeugen zu beschleunigen.
Im Unterschied zum STEPS werden im APS somit auch politische Maßnahmen und Rahmenbedingungen mit berücksichtigt, welche noch nicht festgelegt wurden.
APS prognostiziert, dass 45 Prozent aller verkauften Fahrzeuge im Jahr 2030 elektrisch sein werden. Entwickelt sich die E-Mobilität weiterhin wie von Regierungen und Entscheidungsträgern geplant, werden laut APS bis 2025 täglich 1,6 Mio. Barrel Öl eingespart und bis 2030 sogar 4,6 Mio. am Tag.
Net Zero Emissions by 2050 Scenario (NZE)
Das Net Zero Scenario (NZE) definiert sich durch die recht konkreten Ziele für den Energiesektor, bis 2050 Net Zero CO₂-Emissionen zu erreichen und den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 C zu limitieren. Im Vergleich zum APS wird im NZE die „Ambitionslücke“ betont, die geschlossen werden muss, um die Ziele des Pariser Abkommens von 2015 zu erreichen.
Um das Ziel des NZE-Szenarios zu erreichen, müsste der Anteil der Elektroautos bis 2030 allerdings schon bei 65 Prozent liegen. Damit is dieses Szenario das optimistischste der drei.
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