Bundesregierung beschließt Masterplan Ladeinfrastruktur II: Die Kerninhalte

von Virta
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18.11.2022 12:12:07

Der im Oktober 2022 von der Bundesregierung verabschiedete Masterplan Ladeinfrastruktur II bekräftigt das Bekenntnis der Großen Koalition für die Umsetzung der E-Mobilität in Deutschland und gibt mit insgesamt 68 Maßnahmen den zukünftigen Weg für den Ausbau der Ladeinfrastruktur vor. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die insbesondere für Betreiber von Ladestationen und solche, die es bald werden möchten, relevant sind. 

Bis 2030 soll Deutschland zum globalen Leitmarkt für Elektromobilität werden, um damit die Zukunft des Automobilstandort Deutschland sicherzustellen. So zumindest steht es im kürzlich beschlossenen Masterplan Ladeinfrastruktur II. Dieser stammt aus der Feder des BMDV (Bundesministerium für Digitales und Verkehr), wurde in einer ersten Ausgabe 2019 verabschiedet, laufend ergänzt und steht nun in einer überarbeiteten zweiten Fassung bereit. 

Obwohl der Ausbau des Ladenetzes in Deutschland stockt, ist an dieser Stelle zu betonen, dass die Bundesregierung nach wie vor mit der Einrichtung von 1 Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030 plant. Aktuell sind der Bundesnetzagentur zum 1. Oktober gerade mal 70.751 öffentliche Ladepunkte im Betrieb gemeldet.    

Die insgesamt 68 Maßnahmen sollen:

  • den Ausbau der Ladeinfrastruktur fördern,
  • Bedarfe identifizieren und Versorgungslücken schließen,
  • Prozesse digitalisieren,
  • das Laden für alle so einfach wie möglich gestalten und
  • die Privatwirtschaft vermehrt in die Pflicht nehmen, Investitionen in Ladenetzwerke zu tätigen. 

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II enthält wichtige Weichenstellungen, um den Markthochlauf der E-Mobilität abzusichern und den Einzug von E-Autos in den Massenmarkt zu ermöglichen. So sollen die CO2-Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 um 48 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. 

„Damit schaffen wir es, dass die Menschen das E-Auto genauso gut laden, wie sie bislang tanken können.“ – Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr. 

Um die Umsetzung des Masterplan Ladeinfrastruktur II zu koordinieren, wurde bereits die Interministerielle Steuerungsgruppe Ladeinfrastruktur (ISLa) ins Leben gerufen. Diese soll den Austausch zwischen den Ministerien fördern und dabei die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur (NLL) einbinden. 

Geschäftsmann lädt blaues Elektrofahrzeug neben einem städtischen Gebäude auf

Einbindung der Privatwirtschaft

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II sendet deutliche Signale an die Privatwirtschaft. Diese soll stärker beim Ausbau des Ladenetzes eingebunden werden, während sich der Staat schrittweise zurückzieht und die Weiterentwicklung des Ladenetzwerks vermehrt marktwirtschaftlichen Mechanismen überlasst.

„Die Errichtung und der Betrieb von Ladeinfrastruktur […] sind eine unternehmerische Aufgabe und Chance.“

Der Staat nimmt sich damit selbst aus der Verantwortung, eine funktionierende und adäquate Ladeinfrastruktur zu schaffen. Stattdessen sollen private Investitionen mobilisiert werden und die Anreize hierfür weiterhin sichergestellt werden. Deutschlandweit soll so Ladeinfrastruktur schnellstmöglich privatwirtschaftlich und im freien Wettbewerb geschaffen werden. 

Konkret angesprochen werden hierbei die Automobilindustrie (Maßnahme 4) und die Mineralölwirtschaft (Maßnahme 5). 

Mitwirkung der Automobilindustrie 

Von der Automobilindustrie wird ein Beitrag für den Ausbau von Ladeinfrastruktur erwartet. So soll sie das Laden von E-Fahrzeugen auf ihren Parkplätzen für Beschäftigte und Gäste sicherstellen. Außerdem soll die Automobilindustrie ihre Investitionen in öffentliche und nicht öffentliche Ladeinfrastruktur steigern und somit einen Beitrag zum Netzausbau leisten. Ob für diese Investitionen rechtlich bindende Regularien geschaffen werden, wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen.

In einem vorherigen Wortlaut war konkret von der Finanzierung eines öffentlichen Ladepunkts pro 100 neu zugelassenen E-Autos die Rede. Anzunehmen ist, dass diese Passage auf Druck vonseiten der FDP aus der finalen Fassung gestrichen wurde. 

Mitwirkung der Mineralölwirtschaft 

Auch Tankstellen werden in die Pflicht genommen. Entsprechend dem Beschluss der Konzertierten Aktion „Zukunft der Mobilität“ vom November 2020 müssen Tankstellen Schritt für Schritt mit Schnellladestationen (mindestens 150 kW) ausgestattet werden.

  • Bis 2022: 25 Prozent aller Tankstellen
  • Bis 2024: 50 Prozent aller Tankstellen
  • Bis 2026: 75 Prozent aller Tankstellen 

Förderschwerpunkte 

Die Förderung von Ladeinfrastruktur soll effizienter, zielgenauer sowie weniger zeitintensiv und bürokratisch gestaltet werden. Dazu soll das BMDV Anfang 2023 ein Konzept erstellen, welches jährlich überprüft und angepasst wird.

Fokus der Förderungen soll beim Ausbau des Ladenetzes in dicht besiedelten Gebieten liegen, wo Menschen oft keinen Zugang zu einem eigenen Stellplatz haben (Maßnahme 16). Weiters sollen Förderprogramme auf den Weg gebracht werden, welche die Erzeugung von erneuerbaren Energien für das eigene E-Fahrzeug oder eine elektrische Fahrzeugflotte unterstützten, insbesondere der Ausbau von PV-Anlagen inklusive Speicher (Maßnahme 15).

Weitere Förderschwerpunkte sollen der Ausbau des Schnellladenetzwerks sowie Rastanlagen werden (Maßnahmen 17 und 18).

Bis 2025 sollen außerdem 25 Prozent der Stellplätze aller Bundesbehörden mit Ladeinfrastruktur für Beschäftigte und Gäste oder zumindest einer Vorverkabelung ausgestattet werden (Maßnahme 32). Auch der Ausbau von Ladeinfrastruktur an Verkehrsknotenpunkten wie z. B. Bahnhöfen, ZOBs und Flughäfen soll beschleunigt und unterstützt werden (Maßnahme 34). 

Weg frei für das bidirektionale Laden (V2G) 

Das bidirektionale Laden von E-Fahrzeugen soll längerfristig nutzbar gemacht werden (Maßnahme 47). Dazu soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Zusammenarbeit mit dem BMDV und dem Finanzministerium bis Mitte 2023 rechtliche, technische, steuerliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen erarbeiten.

Bidirektionales Laden oder Vehicle-to-Grid (V2G) ermöglicht das bedarfsabhängige Laden und Entladen von E-Fahrzeugen und die Nutzung von Autobatterien als Energiespeicher. Virta ist Pionier dieser Technologie und hat bereits Testanlagen in Betrieb nehmen können. 

Ladeinfrastruktur für Lkw 

Weitere Schwerpunkt im Masterplan Ladeinfrastruktur II liegt beim Warenverkehr. Als Hauptverursacher von CO2-Emissionen soll der Umstieg auf E-Lkws schrittweise gefördert werden und die dafür notwendige Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Dazu werden eine Ausschreibung für ein initiales Ladenetzwerk geprüft und Fördermaßnahmen für die Errichtung von Ladeinfrastruktur auf Betriebsgeländen, an Umschlagspunkten, Ladehubs und in Gewerbegebieten definiert. 

Nutzung gewerblicher Parkplätze außerhalb der Öffnungszeiten 

Die Nutzung von Ladestationen auf gewerblichen Parkplätzen, wie etwa bei Supermärkten, soll auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich gemacht werden (Maßnahme 52). Dazu soll bis zur zweiten Jahreshälfte 2023 ein Leitfaden erstellt werden, welcher vertrags-, haftungs-, lärmschutzrechtliche und andere Regularien berücksichtigt. 

Überarbeitung GEIG 

Um Gebäude zukunftssicherer zu gestalten, sollen diese voraussehender mit Ladeinfrastruktur aufgerüstet werden. Dafür soll das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) überarbeitet werden (Maßnahme 53). Das GEIG-Gesetz regelt die Ausstattung von Neubauten und bestehenden Gebäuden mit Ladeinfrastruktur oder Leerrohren für eine nachträgliche Installation. Es ist davon auszugehen, dass auch hier strengere Voraussetzung in Kraft treten werden. 

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Links:

Masterplan Ladeinfrastruktur II (pdf)

Bundesregierung beschließt Masterplan Ladeinfrastruktur II