Der Einzelhandel ist viel mehr als nur Einkaufen
Erst das wachsende Online-Geschäft, dann die Pandemie – die Herausforderungen für den stationären Einzelhandel werden nicht geringer. Bestehen kann nur, wer begriffen hat: Die Einkaufsbranche der Zukunft muss sich breiter aufstellen. Durch Zusatzleistungen wie das Laden von E-Autos können Einzelhändler wieder Fuß fassen.
Für den Einzelhandel geht es mehr und mehr darum Kunden zu halten und neue hinzu zu gewinnen. Des weiteren geht es natürlich auch darum die vielbeschworene „Customer Experience“ zu verbessern um neue Umsatzquellen zu erschließen. Diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen, wird nur klappen wenn der Einzelhandel es schafft sich von herkömmlichen Geschäftsstrategien zu lösen und neue Wege der Kundenansprache zu beschreiten.
Click&Collect, Fulfillment-Services und Ship-to-Store gehören zu den wichtigsten Trends im Einzelhandel, mit denen sich Retailer beschäftigen sollten. Jüngst hinzugekommen ist das EV Charging. Dabei bieten Retailer ihren Kunden die Möglichkeit, ihre Elektrofahrzeuge während der Dauer des Einkaufs aufzuladen – ein Markt mit massivem Wachstumspotenzial und zudem eine exzellente Möglichkeit, sich durch Zusatzleistungen vom Wettbewerb abzuheben.
Anfang Januar 2022 erst hatte das Capgemini Research Institute die Ergebnisse seiner jährlichen Umfrage zu den Konsumtrends für 2022 veröffentlicht. Ein starker Trend im Handel ist demnach Direct-to-Consumer (= direkt an den Endverbraucher).
Je jünger die Konsumenten, desto stärker ihr Bedürfnis, direkt bei Markenherstellern zu kaufen. 41 Prozent der Befragten hatten dies im letzten halben Jahr getan. Das speziell in Deutschland ausgeprägte Bedürfnis nach Datensicherheit lässt sich laut Studie zumindest beim Online-Kauf nicht beobachten: Knapp 50 Prozent der Befragten erklärten sich dazu bereit, Informationen über ihr Konsumverhalten mit Unternehmen zu teilen.
Was Retailer freuen dürfte: Knapp drei Viertel der Befragten gehen davon aus, nach der Pandemie wieder in die Läden zurückzukehren. Nachdem das Bedürfnis nach Haptik und physischen Erlebnissen zwei Jahre notgedrungen unterbunden war, kann man davon ausgehen, dass Kunden vermehrt nach genau diesen Erlebnissen streben und somit die Zahlen vor der Pandemie (60%) noch übertroffen werden.
Click & Collect und Fulfillment-Services: die stärksten Trends im Handel
Online-Shopping dürfte also auch weiterhin den stationären Einzelhandel nicht komplett ersetzen. Nutzen – und zu ihrem Vorteil ausbauen – können Retailer den Trend aber nur, wenn sie nicht wie bisher nur auf reinen Verkauf setzen. Kunden wissen Zusatzservices, wie sie durch die heute bereitstehenden Technologien möglich sind, schon länger zu schätzen und erwarten sie inzwischen auch von ihrem Einzelhändler.
Die Grenzen zwischen Onlineshop und Einzelhandel verschwimmen also mehr und mehr. Retailer etablieren kanalübergreifende Geschäftsmodelle (Omnichannel), um im Sinne einer besseren Customer Experience mit ihren Kunden über mehrere Kanäle gleichzeitig in ständigem Kontakt zu bleiben.
Bei Click & Collect zum Beispiel kann man Produkte zunächst online auf der Webseite des Retailers recherchieren, sie kaufen und anschließend im stationären Handel abholen. Auch Liefer- und Fulfillment-Services sind ein wichtiger Trend im Einzelhandel und werden immer häufiger in Anspruch genommen.
Hier lagert der Retailer alle Aufgaben, die nach Vertragsabschluss im Rahmen der Lieferung und Erfüllung seiner Vertragspflichten entstehen, an einen Logistikdienstleister aus. Dazu gehören als wichtigste Komponenten die Bestellannahme, Kommissionierung, Verpackung, Versand, Retourenmanagement und Artikelstammdatenpflege.
Einzelhändler verbessern Customer Experience durch Add-on-Services
Um die genannten Trends aufnehmen und für sich nutzen zu können, müssen Einzelhändler zum einen Verbraucherdaten besser analysieren. Erst so können sie neue Produkte und Dienstleistungen für dedizierte Kundensegmente entwickeln.
Sie brauchen außerdem eine Omnichannel-Strategie für den richtigen Mix zwischen stationärem Handel, E-Commerce, Direktvertrieb und Marktplätzen. Digitale Dienstleistungen in den Geschäften müssen ausgebaut werden, um den gestiegenen Anforderungen der Kundschaft nach Schnelligkeit und Personalisierung gerecht zu werden.
Das Ladengeschäft muss sich von einer einfachen Verkaufsstelle zu einer Anlaufstelle entwickeln, wo Bestellungen entgegengenommen werden, personalisierte Ausstellungsräume sowie ein Mini-Lager („Ship from Store“-Konzept, d. h. Lieferung direkt aus dem Laden) vorhanden sind.
Einkaufen und dabei das Elektrofahrzeug aufladen
Immer wichtiger wird zudem das Thema Sustainability. Verbraucher*innen erwarten, dass der Handel den gestiegenen Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Produkten und Services gerecht wird.
Dazu gehört es zum Beispiel, den CO₂ - Fußabdruck unterschiedlicher Liefermethoden transparent belegen zu können. Ein Instrument aus diesem Baukasten ist die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge (Electric Vehicle = EV) auf dem eigenen Parkplatz aufzuladen.
Der Einzelhändler wird damit zum Ladestationsbetreiber (Charge Point Operator = CPO). CPOs sind sozusagen die „Tankstellenbetreiber“ der Zukunft, sie übernehmen die Installation, Instandhaltung und Stromversorgung der Ladesäulen für Elektroautos.
Der Bedarf ist damit noch lange nicht gedeckt. Weltweit nimmt die Zahl der Elektrofahrzeuge stetig zu (+41 Prozent der globalen Verkäufe von Elektrofahrzeugen im Jahr 2020). Wer sich aber speziell auf deutschen Straßen nach Ladestationen umsieht, wird nicht überall fündig. So hinken also auch die derzeitigen knapp 28.000 Ladepunkte dem eigentlichen Bedarf noch immer hinterher.
Eine einzigartige Gelegenheit für Einzelhändler, denn wo ließe sich das Fahrzeug besser aufladen als dort, wo man sich sowieso täglich aufhält? Der technische Fortschritt sorgt dafür, dass immer mehr Säulen eine beschleunigte Ladegeschwindigkeit bieten. So reichen oft schon 30 Minuten, um die Batterie wieder in einen brauchbaren Ladestatus zu versetzen – genau die Zeit, die ein handelsüblicher Einkauf in Anspruch nimmt.
Vorreiter bei der E-Mobilität
Was hat ein Einzelhändler nun davon, wenn er sein Geschäft mit Elektrofahrzeug-Ladestationen ausstattet? Er erhöht einerseits die Loyalität seiner Stammkunden und zieht andererseits eine ganz neue Kundengruppe an, nämlich die wachsende Anzahl an Besitzer*innen eines Elektrofahrzeugs.
Was könnte praktischer für sie sein, als dort einzukaufen, wo sie zeitgleich ihre Batterien aufladen können? IKEA oder Lidl haben es bereits vorgemacht, um auf diese Weise Kunden zu binden und neue Einnahmequellen zu erschließen. Wer es ihnen nachahmt, hat die Möglichkeit, ebenso zum Vorreiter in der E-Mobilität zu werden.
Ladegeschäft als Service
Natürlich erfordert der Aufbau einer eigenen Lösung Fachwissen und Ressourcen. Mit dem Aufbau der Ladestation als solches ist es nicht getan. Vielmehr bedarf es eines Sets an Support-Leistungen rund um den Betrieb der Ladepunkte, von der Zahlungsabwicklung bis zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Erst so wird aus dem Ladegeschäft ein erfolgreiches Geschäftsmodell.
Virta als führender Dienstleister im EV-Business bietet deshalb speziell auf den Einzelhandel abgestimmte Maßnahmen. Dies reicht bis zur vollständigen Anpassung der verwalteten Ladestationen an die Corporate Identity des Händlers. Virta ist Europas schnellstwachsender Anbieter von Ladeservices für Elektrofahrzeuge und bietet seinen Kunden sofortigen Zugang zu über 200.000 registrierten Fahrern von Elektrofahrzeugen.
Trend: Effizienz durch Automatisierung steigern
EV-Charging hat allemal das Potenzial für Einzelhändler zu einem der stärksten Hebel zu werden, um der mittlerweile schier übermächtigen Konkurrenz des E-Commerce etwas entgegenzusetzen. Aber es gibt noch weitere Punkte, Kunden davon zu überzeugen, für ein modernes Einkaufserlebnis vor Ort auf den Klick im Online-Shop zu verzichten.
Dazu gehört die Automatisierung, so hat es das Analysehaus Capgemini in einer Studie aus dem Jahr 2021 herausgefunden. Quintessenz: Händler sollten insbesondere solche Automatisierungstechnologien ins Auge fassen, die auf positive Kundenerlebnisse abzielen.
Self-Checkout-Kassen zum Beispiel. Die meisten Verbraucher glauben demnach, dass Automatisierung lange Warteschlangen an der Kasse vermeidet (weltweit 66 Prozent, in Deutschland 59 Prozent) und das Auffinden von Produkten erleichtert (60 Prozent weltweit, 55 Prozent in Deutschland). Sie wären demnach bereit, ihre Einkäufe im stationären Einzelhandel auf einen Händler zu verlagern, der genau solche Automatisierung anbietet.
Darin liegt gleichzeitig ein großes Verkaufspotenzial: 60 Prozent der Verbraucher weltweit (Deutschland: 45 Prozent) signalisieren Bereitschaft, online mehr bei solchen Händlern zu kaufen, die Retouren von online aufgegebenen Bestellungen vor Ort im Laden durch Einsatz von Automatisierungstechnologien annehmen.
Kommunikation, Organisation und Prozesse werden digital
Wer automatisiert, muss sich mit digitalen Technologien beschäftigen. Dadurch verändert sich nicht nur die Kommunikation eines Handelsunternehmens, sondern auch seine Organisationsstruktur und Prozesssteuerung.
Stationäre Händler müssen bereit sind, sich die digitale Transformation zu eigen zu machen und die Möglichkeiten der Online-Welt virtuos mit ihren eigenen Vorteilen des stationären Handels zu verknüpfen. Nur dann kann es ihnen gelingen, eine Customer Experience zu schaffen, die der reine Online-Handel eben nicht bieten kann.
Einkauf der Zukunft verknüpft Automatisierung mit Nachhaltigkeit
Das Thema Automatisierung lässt sich wiederum unmittelbar mit dem Nachhaltigkeitsaspekt verknüpfen. Laut Capgemini glauben 75 Prozent der Einzelhändler weltweit, dass es ihnen mithilfe der Automatisierung gelingen kann, nachhaltigere und umweltfreundlichere Lösungen anzubieten. Gleichzeitig wächst der Wunsch der Verbraucher*innen, bei solchen Retailern zu kaufen, die sich als umweltfreundlich ausweisen können.
Die richtigen Investitionsentscheidungen setzen hier also ein deutliches Entwicklungspotenzial frei. Ein Einzelhändler, der seiner Kundschaft Click&Collect anbietet, schnelles Bezahlen über Self-Checkout-Kassen ermöglicht, und das alles, während draußen auf dem Parkplatz in der Zwischenzeit auch noch das Elektrofahrzeug aufgeladen wird, der hat sozusagen alles richtig gemacht, um mit seinem Ladengeschäft auch künftig der wachsenden reinen Online-Konkurrenz zu trotzen.